Heute wird dieser Bereich reduziert zugunsten von Laboruntersuchungen und technischen Aufnahmen, die unseren Körper und seinen Zustand abbilden. Dann identifizieren wir uns mit dem Bild und sind auf diese Weise gewohnt, uns selbst in unserem Innern von Aussen zu betrachten, wenn wir von uns reden. Wir nehmen einen virtuellen Blick auf unseren Körper ein, so wie wir ihn vom Anschauen von Bildern und aus dem Spiegel, aber auch aus Büchern, von Röntgenfotos und CT-Aufnahmen kennen.
Wir haben ein mehr oder weniger theoretisches Wissen über seine Kinesiologie, Anatomie und Physiologie, alles Dinge, die wir nicht an uns wahrgenommen, sondern uns angeeignet haben. Wir stehen uns daher zunehmend distanziert und abstrakt gegenüber. Wir geraten in ein zwiespältiges Verhältnis zu unserem Körper weil seine Erfahrung in der Zeit der Moderne eher verdrängt war.
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Kommen wir wieder auf die Bewegung zurück.
Beim ersten Atemzug nach der Geburt, gleiten wir mit der Bewegung ins Leben hinein und wir bewegen uns den ganzen Leben lang bis zum letzten Atemzug. Das Leben ist die Bewegung und wenn Das Leben die Bewegung ist, begünstigt die Förderung der Bewegung das Leben.

Menschlicher Körper wird durch koordinierte Bewegung noch schöner. Wir müssen versuchen die koordinierte Bewegungen unseres Körpers im Gang zu setzen. Um sich koordiniert bewegen zu können muss der Mensch das Körper und Bewegungsbewusstsein besitzen.
Das Phänomen der Erwerbung einer neue Gewohnheit, als Verwandlung und Erneuerung des Bewegungschemas, bereitet die grössten Schwierigkeiten, wenn man es nicht „erfasst“ und „versteht“.
Denke Vorgänge und Bewegungsabläufe sind einander zugeordnet im Sinne eines Kreislaufs. Was ich erfahre, sollte in die Bewegung mit eingehen. Bewegungen sind keinesfalls nur einzelne Aktionen, die sich im Zusammenhang mit Ursache- Wirkung- Reaktionen erschöpfen und sie führen zugleich ein „Eigenleben“ durch die Einbindung in die Dimension der Zeit. Die Bewegungen sind der Schöpfer unserer Zeit, diese für uns in uns selber verborgenen Dimension.
Die Bewegung ist immer mit einem Entwicklungsprozess verbunden.
Durch Kunst, Geist und Wissensgeschichte haben wir die Möglichkeit auch die Entwicklung unseres Körperbewusstseins zu erforschen. Kreativität der Menschen aus Uraltenzeiten hat uns die bewusste Erfahrung der Drittdimension geschenkt. Die Zeitdimension ist seit Anfang 20-sten Jahrhundert nicht mehr weg zu denken. Wir sollten versuchen die Zeit denken lernen weil wir mit der Zeit durch die Bewegungen unseres Körpers verschmolzen sind. Die Zeitdimension ist nicht teilbar unter anderem Menschen, jeder von uns hat und produziert eigene Zeit. Sie tickt tief in uns, sie ist versteckt hinten unseren Gedanken und Gefühlen wie ein mächtiger Gebieter, ein unbekanter Weiser der heisst Selbst. Die Zeit, dieser unbekante Weiser ist unser Leib Selbst.
Den Weg zu unserem Universum der Vernunft finden, 4- D Eigenwahrnehmung und 4- D Eigenmobilisation.
Jetzt, sitze ich an meinem Schreibtisch und überlege wie ich dieses Kapitel zu Ende schreiben könnte und fühle die Bewegungen in mir. Mein Körper ist mit dem Raum verschmolzen aber mein Leib spielt ein eigenes Spiel mit meinen Gedanken, ohne sich auf das Zeugnis meiner fünf Sinne( Sehen, Hören, Tasten, Riechen, Schmecken) zu stützen. Ich fange an zu schreiben, der Raum bewegt sich mit mir, der Rhythmus meines Atem verändert sich, mein Becken und meine Wirbelsäule verändern die Stellung. Ich schreibe und meine Finger fühlen sich als die Verlängerung meiner Gedanken. Meine Füsse geben mir den Halt, die Unterarme bewegen sich nicht, die Schultern schweben im Raum , der Nacken wird lang, der Kopf, einem Luftballon ähnlich, folgt den Bewegungen der Augen. Die Zeit tick in mir. Alles in mir bewegt sich. Es gibt keinen Stillstand, keine Ruhe. Das wäre dann die Zeitlosigkeit. Die gibt es nicht.
Ich stelle fest, ich bin mein Leib der mit meinem Körper verschmolzen ist.
Um das zu erreichen, musste ich zuerst meinen Leib fühlen, den Universum meiner Vernunft, ihm die Weite geben, die Bewegungsgeometrie werden lassen, die Zeit fliessen lassen.
Zum Schluss, greife ich den Anfang der Philosophie auf. Platon, der Grosse Grieche meinte, das jeder Körper bei dem die Bewegung von innen aus im selber erfolgt, sei beseelt, weil darin die Natur der Seele bestehe. So haben wir weder die Seele ohne den Körper noch den Körper ohne die Seele in Bewegung gesetzt und damit können beide, zum Gleichgewicht und einem gesunden Zustand gelangen. Ferner sind unter den Bewegungen die in sich selbst durch sich selbst entstehen die besten; denn diese sind am nächsten verwandt mit der Bewegung des Denkens und des Weltganzes. Deshalb sind, auch unter den Reinigungen und Wiederherstellungen des Körpers, jene die besten, welche durch Leibesübungen entstehen.
„Ende der Bewegung, so Ende des Lebens“ meinte Platon lakonisch.
Der Körper und die Bewegung verschmolzen ineinander durch
die 4-D Eigenmobilisation
Der Körper wird in der Kultur der Neuzeit dank seiner Eigenschaft, Bewegung, Energie und Kraft generieren und diese transformieren zu können, zum Träger utopischer und gesellschaftspolitischer Heilversprechen.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erzieht und bildet eine weitläufige Bewegungs- Körperkultur den Körper zu einem natürlich- hygienischen Bewegungverhalten aus und propagiert eine entsprechende „richtige“ Lebenshaltung. Systematisch angelegte Übungspraktiken reaktivieren und bündeln seine Sinne zu „natürlichen“ und zugleich ökonomischen Bewegungsweisen, deren Herkunft und Effektivität sich aus den „natürlichen“ Gesetzmässigkeiten des Körpers bestimmen.
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Bewegung in Tanz- oder einer anderen Bewegungsform transportiert die Anwesenden, Akteure ebenso wie aufmerksame Zeugen, in ein Raum-Zeit-Kontinuum, das durch besondere nichtalltägliche Wahrnehmunggestalten gekennzeichnet ist und eine deutliche Zweckorientierung mit Bezug zur alltäglichen Wirklichkeit aufweist.
Bewegung spielte und spielt in vielen Gegenden der Welt noch immer in der rituellen Durchsetzung von sowohl kollektiven als auch persönlichen Transformationen eine überragende Rolle.
In unserer Gesellschaft erinnern daran Bräuche, wie der Maitanz als kollektive Feier der Fruchtbarkeit oder Hochzeittänze, die ebenfalls Fruchtbarkeit und Wohlstand des neuen Paares fördern sollten oder auch Kraft und Geschicklichkeit der Brautleute feierten.
Im Gegensatz zu anderen Völkern geriet aber die rituelle Bedeutung und Zweckgerichtetheit der entsprechenden Körperbewegungen in den Kulturen des Westens infolge der Monopolisierung ritueller Macht durch die christliche Kirche in Vergessenheit und nur der Unterhaltungcharakter und emotionale, überwiegend katharsische Potentiale der unterschiedlichen Tänze bestimmten zuletzt ihr Überleben, ihre Entwicklung und Neuformungen.
Heute gibt es verschiedenen Bewegungschulen die mit dem Einklang mit der Natur, ihren Gesetzen und Wirkungsweisen das Ziel markieren. Es wird, eine dynamische Aktivierung des Körpers mit seinem rechten Gebrauch zu verbinden gesucht. Die neuen, dynamisch schwungvollen, Rauschhafte und Raumexpansive sich bewegenden Körper repräsentieren eindrucksvoll die Geschwindigkeit- und Fortschrittsutopie der neuen Zeit.
Das Rhythmische erfasst die Trinität von Körper, Geist und Leib und damit die gesamte Lebensäusserung des Menschen.
Die Bewegung ist ein potentes Mittel um die emotionsgeladenen Klüfte zum Unbekannten zu überwinden. Doch seine Anwendung für die Förderung der Kreativität erfordert grosse Virtuosität.
Schon zu Beginn der 90er Jahre des 19. Jahrhunderts lehrten verschiedene Gymnastik- und Körperschulen vital- stärkende Übungfolgen, die auf die Gesundheit des Körpers im Sinne seines richtigen Gebrauchs zielten. Trotz der eklatanten konzeptionellen Unterschiede zwischen den einzelnen Schulen lehren alle Formen natürliche Körperbewegung, in der das Dynamische als ihr ursächliches Prinzip aufgefasst ist.
Die Dynamik des Körpers entfaltet sich indessen nicht zügellos oder gar willkürlich gleich dionysischen Ausbrüchen, sondern zeigt sein natürlich gefasstes Antlitz in der rhythmischen Folge der Bewegung.
Das dynamische Prinzip des Körpers tritt als rhythmisches in Erscheinung, es findet im Rhythmus erst seinen rechten Körperausdruck.
Das Ziel der Körperkultur- Bestrebungen ist der gesunde Körper. Das rhythmische Prinzip gilt als universales Bewegunggesetz, da es alle Naturbewegungen und Erscheinungen strukturiert und ihre Abläufe in regelmässige an und ab schwellende Zyklen gliedert. Im rhythmischen Auf und Ab, Hin und Her, Hoch und Nieder, Vor und Zurück sieht man die Regelhaftigkeit organischer Bewegung eingelöst, in der alle wirkenden Antagonismen- ob physiologisch, mental oder ideell- harmonisch zusammenfinden.
Der natürliche Ursprung aller Bewegungen regt einen Prozess unwillkürlicher Bewegungfolge an, einen Fluss an Bewegungen, die sich aus sich selbst heraus fortranken. Wir müssen nur versuchen ein eigenes Bewegungverständnis zu entwerfen, dass letztlich ein Kommunikationmodell zwischen innen und aussen formuliert.
4- D Eigenmobilisation
Ich versuche die Übungen zu entwickeln, die Quelle jener sensiblen Energie durch mentale Einstimmungen wachzurufen. Die Bewegung erwächst einem sprachlich strukturierten Imaginationsraum, der, den an sich einfachen Bewegungsablauf mit einer höchst empfindsamen, fast überspannten Wahrnehmung belegt. Gleich einer Traumreise lädt sich dann der Körper mit einer ihn überwältigenden Impression aus dem Universum auf.
Die Sprache initiiert im „Stell dir vor“ einen emotionalen Fluss aus Eindrücken, die den Körper zu jener Bewegung anregen, das Unerreichbare zu umfangen.
Ungefähr so:
„Stell dir vor, Du stehst im Mittelpunkt der Welt auf einem hohen Gipfel. Du schaust auf und siehst Sterne über Dir, Deine Hände sind über Deiner Brust gekreuzt. Du sehnst Dich danach, Deine Hände zum Unendlichen hin zu erheben. Du tust es und sagst zu Dir selbst, UNIVERSUM.“
Die gesamte Haltung des Körpers als reichenden Gestus aus fühlend- gefühlvollen Bewegungen, sollte nicht allein eine symbolische Beziehung zur Natur zeigen, sondern leiblich strukturierte Wahrnehmungmomente integrieren. Im Wechselspiel aus Bewegungen, die den Körper in seiner erdverbundenen Essentialität zeigen, und einer ganzkörperliche Gestaltung erwächst sich ein bewegende Antlitz aus leiblichen Qualitäten, eingebunden in eine harmonische Linienführung der Glieder und eine Blickführung des Rumpfes. So ein Körper wird , wie Duncan sagt, zur „Fontäne aus Licht“ und verströmt sich gleich einer an der Natur verwandelten Welle frei in den Raum hinein.

Marianne Nürnberg in dem Artikel "Meditation - innere Bewegung, Schulungsreihe zu konzentrativer Bewegung und Bewusstseinsveränderung"schreibt;
"Für Menschen, die keine Schwierigkeiten mit freien und improvisierten Bewegungen haben, ist die Übung "Das Geheimnis des eigenen Weges finden" geeignet, eine Übung die zu Musik, aber auch ohne Musik ausgeführt werden kann."
Geheimnis des eigenen Weges finden
Aus dem aufrechten Stand auf leicht gebeugten Beinen heraus, wird zunächst das rechte Bein sehr langsam hoch angehoben. Dabei wird darauf geachtet, wohin das Schwergewicht des Körpers den sich entwickelnden grossen und extrem langsamen Schritt lenken möchte. Mit den sich auf diese Weise spontan entwickelnden sehr langsamen und hoch ausgreifenden Schreitbewegungen wird nun abwechselnd und dem inneren Bewegungsgefühl folgend nach vorn, nach rechts oder links ausgeschritten, wobei stets der gesamte Körper in die Bewegungsrichtung gedreht wird. Die Körperhaltung bleibt dabei im Wesentlichen sehr aufrecht, das Becken in einer Linie mit der Wirbelsäule, der Schultergürtel gerade. Die Arme unterstützen mit sehr langsamen, aber ausladenden Bewegungen das Gleichgewicht des schreitenden Körpers. Die zunächst zögernde, suchende und langsame Bewegung, die von den Beinen und Hüften getragen wird und viel Balancearbeit erfordern soll, wird nun behutsam in ihrer Geschwindigkeit gesteigert bis sie dadurch in ihrer Anmutungqualität an Entschiedenheit gewinnt. Man entscheidet sich nun immer rascher für "Abzweigungen, Wege und gerade oder verschlungene Pfade eines imaginären Labyrinths", bis man auf ein "deutlich wahrnehmbares inneres Zögern" stösst und stoppt! Hier verharrt man einige Zeit auf der Stelle, so dass man diesem Gefühl in seinem Inneren nachspüren kann, zulassen kann, dass es sich voll entfaltet.
Ein Bein wird nun abgewinkelt und noch einmal langsam vor dem Körper erhoben. Aus dieser inneren Balance heraus greifen die Hände nach vorn in die Innenkanten eines imaginären geschlossenen Vorhangs, der das Alltägliche vom Transzendentalen trennt. "Der Vorhang wird aufgezogen", so wie es dem eigenen Charakter entspricht:
neugierig und langsam oder abrupt und unerschrocken, usw.
Kaum ist er geöffnet, lässt man seinen Körper neue, langsame Bewegungen finden, welche die Themen "Freiheit" und "Fliegen" ausdrücken, wobei auch die Weite des Raumes mit den Armen anzudeuten ist. Bei gleichmässiger Langsamkeit der Bewegungen, die nun neben Armen und Beinen auch Kopf, Gesicht, Rumpf, Hände und Finger erfassen können, soll nun den Themen "Spaziergang durch den Wald" oder "Gehen durch die Stadt" Ausdruck verliehen werden, indem zum Beispiel auch aussergewöhnliche Schreitrichtungen, wie schräg nach hinten, zugelassen werden, oder Schreitbewegungen nicht mit dem ganzen Körper gefolgt wird, so dass spannungvolle und merkwürdige Körperhaltungen erzielt werden, oder auch andere Gesten erforscht werden, vor allem solche, die man noch nie gemacht hat. Schliesslich lässt man eine letzte Bewegung in einem langsamen Sinkenlassen der Arme ausklingen, bei gleichzeitigem Zurückgehen in die Anfangshaltung, aufrechter Stand bei leicht gebeugten Knien.
Meine These ist, dass technisch einfache Übungen wie die oben beschriebene, einen wesentlichen Beitrag zum Verständnis der Übergänge und Zusammenhänge zwischen Leib und und Körper, zwischen konzeptioneller und kinästhetischen Realität in der Erfahrung von mentalen Kräften und Körperwahrnehmung liefern können. Das ist der Weg auf dem wir der Tanz unseres Körpes wahrnehmen und endlich unsere Raum- Zeitdimension bewusst erleben können.
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[1] Platon „Staat“, „Phaidros“, „Timaios“
[2] Dem Gott Dionysos zugehörend; auch wild begeistert.
[3] Isadora Duncan“ Das Licht auf weisse Blüten fallend“